TA-Weltkongress in Montpellier
Der TA-Weltkongress fand vom 8.-10. August 2025 in Montpellier (Südfrankreich) statt – begleitet von sommerlichen Temperaturen und lebendiger Atmosphäre. Katrin Hodel blickt in einem Interview zurück.
Magaly: Salü Katrin. Anfangs August warst Du auf dem TA-Weltkongress. Magst du mir darüber berichten?
Katrin: Das war ein sehr eindrückliches Erlebnis, und ich bin noch immer sehr berührt, wenn ich daran zurückdenke. Über 800 Menschen aus fast 50 Nationen waren versammelt. Ich war fasziniert und hatte das Gefühl, mich in einer «TA-Bubble» zu bewegen – und genau das war das Schöne. Wir hatten einen gemeinsamen Boden, eine gemeinsame «Sprache», die uns verbunden hat. Obwohl wir aus unterschiedlichsten Kulturen kamen und in verschiedenen Sprachen miteinander sprachen, fühlte es sich verbunden an.
Magaly: Wie kann ich mir das «Zusammen-unterwegs-sein» vorstellen?
Katrin: Der Kongress dauerte drei Tage, von Freitag bis Sonntag. Es gab Plenumsbeiträge in Form von Keynotes und sehr viele Workshops (über 100). Bekannte Koryphäen der Transaktionsanalyse waren anwesend, wie etwa Bill Cornell, der eine Keynote hielt (Thema: Eric Berne – Euhemerus / Human Being). Parallel dazu wurden rund 15 Workshops gleichzeitig angeboten – ich hatte die Qual der Wahl. Manche waren stark besucht und eher vortragsartig, andere kleiner und interaktiver. Dort konnten wir uns austauschen und diskutieren. In den Pausen und am Abend gab es zudem viele spontane Begegnungen und auch Gespräche kamen nicht zu kurz.
Magaly: Magst du mir verraten, welche Workshops du ausgewählt hast?
Katrin: Ein Workshop, der mir besonders in Erinnerung geblieben ist, hatte das Thema «Positive Spiele».
Magaly: Positive Spiele?
Katrin: Genau so habe ich auch reagiert: Positive Spiele – gibt es so etwas? Ich hatte immer gelernt, dass Spiele im Sinne der TA negativ sind. Während des Workshops war ich immer wieder herausgefordert, meinen Bezugsrahmen zu überprüfen und zu erweitern. Könnte da etwas dran sein? Gibt es so etwas wie positive Spiele? Die Idee finde ich spannend. Im Alltag haben wir viele positive Interaktionen, die ebenfalls nach gewissen Regeln ablaufen und zu positiven «Auszahlungen» führen können. Ein Beispiel ist das Flirten: Auch dort folgen wir bestimmten Regeln und probieren Verhalten aus, das allgemeine Gültigkeit hat. Manchmal ist die Auszahlung dann positiv. Ich fand es bereichernd, Spiele einmal aus dieser Perspektive zu betrachten.
Magaly: Sehr spannend! Hast du noch weitere Beispiele?
Katrin: Das Motto des Kongresses war «Legacy, Legitimacy, Identity» (Vermächtnis, Legitimität, Identität) in einer sich verändernden Welt. Diese Gedanken wurden während des Kongresses immer wieder aufgenommen und haben zum Nachdenken angeregt. Wie soll sich die TA weiterentwickeln? Ist es Zeit für eine nächste Generation?
Diese Fragen griff Bill Cornell in seiner Eröffnungs-Keynote auf. Was ist das Vermächtnis von Erich Berne und welche Themen hat er vielleicht auf Grund seiner Geschichte ausgeklammert? Berne hat seinen Vater sehr früh verloren und dadurch eine prägende Verlusterfahrung gemacht. Wie ist das in unser TA-Skript eingeflossen? Es scheint, als seien wir im Trauern und Loslassen in der TA nicht besonders geübt. Und trotzdem sei es an der Zeit für neue Generationen Platz zu machen und Altes loszulassen. Er hat das eindrücklich beschrieben und ich fand das spannende Gedanken und Überlegungen.
Ich war auch in einem Workshop zu Diversity. Ich wurde angeregt, zu überlegen, wie gut sind wir in der TA mit dem Thema der Diversität unterwegs, und wie gehen wir mit dem Thema Queerness um? Reicht es «einfach» zu sagen, ich bin OK, du bist OK? Wahrscheinlich nicht, weil die Ursprungsmodelle auch aus dem Zeitgeist entstanden sind. Berne war auch ein Mann aus dem letzten Jahrhundert. In neuerer Literatur werden diese Themen immer stärker aufgegriffen und fliessen zunehmend in die Überlegungen ein.
Magaly: Das klingt bereichernd – die Anregungen zur Reflexion und insbesondere diese gegenseitige Zumutung der Weiterentwicklung.
Katrin: Ja, die Frage nach Weiterentwicklung ist spannend. Meine beiden Töchter, 25 und 21 Jahre alt, hatten ebenfalls Lust, am Kongress teilzunehmen. Sie haben beide einen Einführungskurs in die TA gemacht. Sie sind bewusst mit den Themen der Diversität und Queerness unterwegs. Wir hatten spannende Diskussionen, was der TA in diesen Bereichen noch fehlt und wie wir uns weiterentwickeln können. Ihr Aussenblick war für mich sehr beeindruckend.
Magaly: Herzlichen Dank Katrin für deine interessanten Eindrücke vom TA-Weltkongress in Montpellier!