Eine Übung zum Erkennen von Ersatzgefühlen

Gefühle sind unser innerer Kompass – und doch reagieren wir im Alltag oft nicht mit dem «echten» Gefühl, sondern ersetzen dieses mit etwas Erlerntem.

In der Transaktionsanalyse werden diese erlernten, nicht ganz passenden Reaktionen «Ersatzgefühle» genannt: Gefühle, die früher geholfen haben, Zuwendung zu bekommen oder beispielsweise Wut zu vermeiden. Sie dienen zwar der Sicherung von Beziehungen (basierend auf einer kindlichen Logik), verhindern aber oft, dass wir klar spüren, was wirklich in uns vorgeht und was wir brauchen. Mit einer Reflektionsübung kannst du deinen Ersatzgefühlen auf die Spur kommen.

Ziel: Ein wiederkehrendes «Ersatzgefühl» erkennen, das darunterliegende «echte» Gefühl finden und eine passende, kleine Handlung ableiten.

Vorbereitung: Nimm ein Blatt Papier und einen Stift. Wähle eine kürzlich erlebte Situation, in der deine Reaktion «zu viel», «zu wenig» oder irgendwie «nicht passend» wirkte.

Schritt 1 – Momentaufnahme

  • Überschrift: «Was ist passiert?»
  • Formuliere in Stichworten, was der Ort, der Auslöser, die Beteiligten, deine erste Reaktion waren.
  • Skala 0–10: Wie intensiv hast du das Gefühl wahrgenommen?

Schritt 2 – Körperwahrnehmung

  • Wo spürst du etwas im Körper? Druck, Wärme/Kälte, Enge/Weite, Bewegung/Starre.
  • Beschreibe deine Empfindungen.

Schritt 3 – Benennen

  • Wie würdest du das vordergründige Gefühl umschreiben? (z. B. «gekränkt», «bedrückt», «undefinierbar», «genervt»)
  • Zu welcher Gefühlskategorie würdest du es zuordnen?
    – Angst
    – Wut
    – Freude
    – Trauer
  • Passt die Zeitlogik?
    – Wut gehört in die Gegenwart
    – Angst in die Zukunft
    – Trauer in die Vergangenheit
    – Freude ist zeitlos.
  • Beispielsweise kann ich über etwas Vergangenes nicht Angst haben, oder ich kann über etwas in der Zukunft nicht traurig sein. Hinweis: Wenn die Zeitlogik nicht passt, könnte es sich um ein Ersatzgefühl handeln.

Schritt 4 – dem echten Gefühl auf der Spur

  • Schreibe auf: «Wenn dieses Gefühl nicht das Eigentliche wäre, was für ein Gefühl läge eine Stufe darunter?»
  • Prüfe drei Möglichkeiten: Wut (Grenze), Angst (Sicherheit), Trauer (Verlust). Markiere, was am meisten auf Resonanz stösst.

Schritt 5 – Erlaubnis und Bedürfnis

  • Formuliere einen Erlaubnissatz zum echten Gefühl aus Schritt 4: «Ich darf … fühlen.» (z. B. «Ich darf wütend sein.»)
  • Kläre dein Bedürfnis: Hättest du Schutz gebraucht? Abstand? Zuwendung? Abschied?

Diese Übung kannst du beliebig oft zu verschiedenen Situationen wiederholen, bei denen du das Gefühl hast, nicht angemessen reagiert zu haben. Viel Neugier im Entdecken deiner Ersatzgefühle und «echten» Gefühlen! Der Weg lohnt sich!